Vor einigen Monaten habe ich mir schönen, einfachen Schmuck gekauft. Ich wollte den günstigen Modeschmuck meiner Jugend endlich durch ausgewählte, hochwertige Schmuckstücke ersetzen. Schon lange liebäugelte ich mit den Produkten eines Unternehmens, dessen Namen ich bei einigen Creatorinnen auf Instagram schon hin und wieder gelesen habe. Bis dato waren mir die Stücke aber zu teuer, aber ich behielt das Unternehmen immer im Hinterkopf, denn vieles an der Marke sprach mich an.
Influencer:innen und Creator:innen sind mittlerweile kaum aus unserem Leben wegzudenken. Und ja, auch ich vertraue manchen von ihnen zu einem gewissen Maß. Ich bin natürlich nicht vor Marketing gefeit, Marketing wirkt nämlich immer, auch wenn man diesen Einfluss zu einem bestimmten Zeitpunkt vielleicht nicht konkret wahrnehmen kann.
Das Schmucklabel verkauft eine kleine Auswahl an Schmuck, welcher aus vergoldeten Edelmetallen besteht. Die Marke arbeitet stark mit Werten. Man hat das Gefühl, die Marke ist eine Freundin, die dich zum Strahlen bringen will. Einige Themen, die betont werden, sind die Verwendung recycelter Materialien, Spenden an gemeinnützige Organisationen, eine transparente Wertschöpfungskette, Fertigung in Europa und natürlich Klimaneutralität. Daraus leite ich persönlich viele Werte ab, die mir wichtig sind: Fairness, Transparenz, ethisches Handeln, Qualität, Vertrauen. Diese Werte habe ich unbewusst auf das Produkt projiziert: Ich die Qualität der Produkte zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, denn das Unternehmen ist ja meiner Ansicht nach transparent und handelt fair. Was mich zusätzlich bestärkte: das besagte Schmucklabel arbeitet (soweit ich weiß) nicht mit Rabattcodes, wie es viele andere Unternehmen machen, die stark in Influencer-Marketing investieren. Für mich ist das ein gutes Zeichen, denn das weckt Vertrauen und signalisiert Stabilität.
Die Ironie an meiner Geschichte ist, dass ich den Schmuck vor einigen Wochen retourniert habe. Warum? Wegen mangelhafter Qualität aller Schmuckstücke. Du kannst dir vermutlich vorstellen, wie enttäuscht ich von der Marke nun bin. Doch woran liegt’s?
Neben der mangelhaften Qualität ist an dieser Enttäuschung vorrangig meine Erwartung schuld. Auf Basis von vielen Faktoren, die durch das Marketing transportiert wurden, habe ich mir eine Erwartung aufgebaut und diese auf die Schmuckstücke übertragen. Diese Faktoren waren z.B.:
Meine Erwartung war also: Diese Schmuckstücke waren teuer, aber dafür sind sie nachhaltig produziert worden, haben ein zeitloses Design und sind von hoher Qualität.
Im Marketing gibt es einige Modelle, die dabei helfen, die Kund:innenzufriedenheit zu evaluieren oder zu verbessern. Das Kano Modell ist wohl der berühmteste Vertreter. Dabei geht es im Grunde darum, die Leistungen eines Unternehmens/Produkts auf Basis von Merkmalen festzuhalten. Wenn bestimmte Merkmale erfüllt oder nicht erfüllt werden, hat das demnach Auswirkungen auf die Kund:innenzufriedenheit und sollte ggf. angepasst werden.
Eine etwas einfachere Methode zur Erklärung von Enttäuschung, Zufriedenheit und Begeisterung ist aber die folgende: Werden die Erwartungen, die das Marketing schürt, schlussendlich bei den Kund:innen erfüllt?
Zufriedenheit: Kund:innen haben bekommen, was sie wollten und sind mit der Gesamterfahrung zufrieden. Man bleibt aber austauschbar und muss damit rechnen, dass Kund:innen sich weiter nach anderen Anbieter:innen umsehen, bei denen sie eventuell ein besseres Preis/Leistungsverhältnis vermuten.
Begeisterung: Die Kund:innen haben gemerkt, dass man die Extra-Meile geht. Man hast es somit geschafft, eine Verbindung herzustellen und positiv im Gedächtnis verankert zu bleiben. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Kund:innen erneut kaufen.
Du erinnerst dich, meine Erwartungen an das Schmuckstück waren:
Die Enttäuschung basiert darauf, dass meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Stellen wir uns nun die Alternativszenarien vor, die zur Zufriedenheit oder Begeisterung geführt hätten:
Ich wäre zufrieden gewesen, wenn der Schmuck keine Mängel aufgewiesen hätte (das ist die Grundvoraussetzung). Außerdem sollte die Verpackung plastikfrei bzw. aus recyceltem Karton sein, denn mit Klimafreundlichkeit wird schließlich geworben. Eine Abweichung hätte mich irritiert. Generell sollten das Paket und die Produkte so sein, dass sie sich mit den Werten der Marke vereinbaren lassen, es also eine Kohärenz aus all den Wertversprechen und der erbrachten Leistung gibt.
Ich wäre begeistert gewesen, wenn mir zusätzlich zu meinen erfüllten Erwartungen noch ausgewählte Infomaterialien zur Herkunft der einzelnen Bestandteile beigelegt worden wären. Tipps zur optimalen Pflege und Verwahrung hätte ich ebenfalls begrüßt. Es geht beim Begeistern darum, die erwarteten Leistungen zu erbringen und zusätzlich noch für positive Überraschungen zu sorgen, die den Kund:innen dabei helfen, die eigene Marke richtig gut zu finden – und im Idealfall auch ihrem Umfeld von der Erfahrung berichten.
In der heutigen Welt des Marketings ist Authentizität kein Trend mehr, sondern eine Notwendigkeit. Unternehmen, die ehrliche und authentische Beziehungen zu ihren Kund:innen aufbauen, haben einen wichtigen Grundstein für langfristigen Erfolg gelegt.
Sich in einer Welt der Skepsis und Transparenzproblemen (Stichwort: Dropshipping) zu differenzieren ist ein wichtiger Punkt, den auch kleine Unternehmen und EPUs im Kopf haben sollten.
Je nach Marke und Unternehmen sieht das Angebot und das ensprechende Marketing natürlich unterschiedlich aus – was aber alle gemein haben sollten: Man soll nie etwas versprechen, was man nicht halten kann. Das ist so offensichtlich und dennoch scheitern Unternehmen immer wieder daran.
Egal welches Produkt oder Service du anbietest: Sei deinen Kund:innen gegenüber fair und verhindere um jeden Preis eine Enttäuschung. Offene Kommunikation, Fairness und Transparenz sollten gelebte Werte sein, sie ein produktives (Zusammen-)Arbeiten ermöglichen.
In meinem Blog schreibe ich über meine Erfahrungen und gebe dir Tipps im Bereich Marketing. Wenn du dir ein konkretes Thema wünscht, melde dich gerne über LinkedIn, Instagram oder per Mail bei mir – ich freu mich, von dir zu lesen!